Wie wir die Energiewende lokal und sozial gerecht anpacken
Bericht zur Online-Veranstaltung am 19. Mai 2021
Um Zukunftsfähigkeit und Generationengerechtigkeit ging es am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des SPD-Bundestagskandidaten Andreas Mehltretter zur Energiewende: Klimaschutz bedeutet auch, die Freiheitsrechte der künftigen Generationen zu wahren – diese Feststellung des Bundesverfassungsgerichts unterstrich Mehltretter gleich zu Beginn. Knapp 40 Interessierte hatten sich online versammelt, um einen Vortrag von Peter Mießl, Architekt, Energieberater und Vorsitzender der Bürgerenergiegenossenschaft Neuburg-Schrobenhausen, zur lokalen Umsetzung der Energiewende und der bestehenden Herausforderungen zu hören. Der Markt und insbesondere die lokalen Bürgerenergiegenossenschaften können die Energiewende gut vorantreiben, wenn die Politik die dafür notwendigen Rahmenbedingungen schafft. Dazu gehöre zum Beispiel eine ordentliche und umfassende CO2-Bepreisung. Darüber, dass diese sozialgerecht sein müsse, waren sich die Sozialdemokraten freilich einig. Andreas Mehltretter favorisierte dabei einen sog. Klimabonus: Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung würden pro Kopf wieder zu 100 % an die Bürgerinnen und Bürger ausgeschüttet. Menschen mit geringem Einkommen, die ohnehin weitaus geringere Emissionen verursachen würden als Wohlhabende, hätten so unter dem Strich sogar mehr in der Tasche.
Peter Mießl führte weiter aus, dass sich inzwischen ganze Quartiere CO2-neutral planen lassen. Notwendig dafür sei die sog. Sektorkopplung: Nicht nur der Haushaltsstrom müsse CO2-neutral produziert werden, sondern der Gesamtenergieverbrauch, also eben auch Heizen und Mobilität. Mit modernen PV-Anlagen, Erdwärmepumpen, Quartiersspeichern und Elektromobilität sei das aber heutzutage technisch kein Problem mehr. Flächen auf dem Land zur Produktion von in der Stadt benötigtem Strom zur Verfügung zu stellen, könne außerdem zu einem lohnenden Geschäftsmodell von Kommunen werden. Leider seien aber viele Menschen verunsichert: „Die meisten Hausbesitzer kennen ihren Gas-Wasser-Installateur und ihre Gasheizung. Dieser Technik vertrauen sie, aber die Erfahrungswerte mit Wärmepumpen fehlen ihnen“, brachte es ein Teilnehmer auf den Punkt. „Man muss es den Leuten vorrechnen“, ergänzte Peter Mießl: „Mit Gas habe ich laufende Kosten, die perspektivisch steigen werden. Die Sonne scheint umsonst, die PV-Anlage kann man sich fördern lassen. Langfristig kann man so sehr viel Geld sparen. Und manche Menschen muss man eben auch zu ihrem Glück zwingen“, fügte er noch an, als er sich für eine PV-Pflicht bei Neubauten aussprach.
Ein Problem sei nach wie vor das Lobbying der fossilen Industrie. „Mancher Gasnetzbetreiber lügt die Menschen eiskalt an, um weiter sein Gas verkaufen zu können. Da werden dann falsche Rechnungen über die angebliche Unwirtschaftlichkeit von PV-Anlagen präsentiert“, echauffierte sich Mießl. Auch beim Wasserstoff sei er skeptisch. Damit Wasserstoffnutzung für den Klimaschutz wirksam sei, müsse es grüner Wasserstoff sein, und auch dann sei der Wirkungsgrad deutlich geringer als bei der direkten Nutzung von elektrischer Energie. „Wasserstoff wird eher eine Nischentechnologie bleiben“, war sich Mießl sicher.
Als „Hausaufgaben“ für seine angestrebte Arbeit im Bundestag fasste Mehltretter zum Abschluss einige Punkte der Diskussion zusammen: Die CO2-Steuer müsse sozial gerechter ausgestaltet werden, fossile Energieträger wie Kerosin dürften nicht weiter subventioniert werden. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss gerade für lokale Anbieter einfacher werden, z. B. durch Vereinfachungen bei den kontraproduktiven Ausschreibeverfahren von Windkraftanlagen. Außerdem seien die Investitionen in die Energiewende ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor: Schon heute arbeiten in den EE-Branchen ein Vielfaches mehr an Menschen arbeiten als in den fossilen Sektoren. Der SPD ginge es darum, so Mehltretter, den Wandel für die Betroffenen zu gestalten und ihn in eine positive Richtung zu lenken, sodass alle davon profitieren können.